Analyse des BSG Urteils „Mastektomie für nichtbinäre Person“

Das Bundessozialgericht hat die schriftliche Urteilsbegründung zum Verfahren B 1 KR 16/22 R veröffentlicht. Eine nichtbinäre Person wollte die Kosten für eine Mastektomie von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet bekommen. Dies wurde letztinstanzlich angelehnt. Die Begründung hat es in sich, weil sie im Endeffekt ab sofort jegliche Kostenübernahme-Bewilligungen für alle Transitionsmaßnahmen stoppt.

Das wird jetzt ein sehr langer Beitrag, deshalb hier der tl;dr, wie ich das Urteil lese:

Laut dem Urteil dürfen die Kassen eigentlich seit ca. 2019 schon keine Transitionsmassnahmen mehr bezahlen, weil sich ab da die gesamte trans Behandlungsmethodik geändert hat! Seit Erscheinen der S3-Leitlinie, nach der Ärztys arbeiten müssen. Also die Medizin hat sich modernisiert. D.h. die heutige Vorgehensweise, aus der die Indikationen und Gutachten kommen, ist vom GBA nicht abgesegnet. Und was der GBA nicht erlaubt hat, dürfen Kassen nicht bezahlen.

Das alte (GBA-erlaubte) Behandlungsmodell war: „(binärer) Transsexualismus = Krankheit = binäre Totalbehandlung“. Die S3-Leitlinie hingegen geht von Geschlechtsdysphorie als Variante der geschlechtlichen Entwicklung aus, bezieht nichtbinäre Varianten mit ein und guckt auf einzelnen Leidensdruck und die Abhilfe durch die in der Leitlinie gelisteten Massnahmen. Das alles nach Einschätzung der jeweiligen Fachärztys zusammen mit der betroffenen Person. Weg von einer binären Körpernorm, hin zum Individuum und seinen konkreten Bedarfen. Weg von einer einmaligen Diagnose („ist trans“), hin zu einer selbstbestimmten geschlechtlichen Identität und körperlichem Ausdruck.

Diese Umwälzung in der medzinischen Praxis ist offenbar noch nie so thematisiert worden im Zusammenhang mit der Bewilligung, aber vielleicht gilt da wo keine Klage, da kein Urteil. Vielleicht hat das BSG damit sogar die Begutachtungsanleitung(pdf) der Kassen (MDS) gekillt, die sich nämlich auf die S3-LL bezieht, wenn auch unzureichend und verfälschend.

Ich zitere mal die für uns alle relevanten Stellen aus der Urteils-Begründung(pdf) und kommentiere, wie ich die Abschnitte deute (IANAL). Die ganzen Paragraphen im Text sind zwecks Lesbarkeit weggelassen.

(17) Das BSG hat in seiner bisherigen Rechtsprechung zu geschlechtsangleichenden Operationen bei Transsexualismus eine behandlungsbedürftige psychische Krankheit angenommen. Voraussetzung dafür war, dass psychiatrische und psychotherapeutische Mittel das Spannungsverhältnis zwischen dem körperlichen Geschlecht und der seelischen Identifizierung mit einem anderen Geschlecht nicht zu lindern und zu beseitigen vermögen.
Der Senat hat sich dabei ua darauf gestützt, dass die Rechtsordnung den sog Transsexualismus nicht nur personenstandsrechtlich, sondern auch als behandlungsbedürftige Krankheit anerkennt. Der Gesetzgeber hatte bereits durch Schaffung des Gesetzes über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (Transsexuellengesetz ) bestätigt, dass der Befund des Transsexualismus eine außergewöhnliche rechtliche Bewertung rechtfertigt.

Weiter hat sich der Senat auf die ausdrückliche Nennung des „Transsexualismus“ in (§… SGB V) zur ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung gestützt.

Heisst: Der Gesetzgeber hatte das Schema „Transsexualismus“ = Krankheit definiert und zwar binär. Das war die quasi zwangsläufige Grundlage für den GBA, die Bezahlung der Maßnahmen zu erlauben. (Aber nur nach dem bisherigen binären Schema)

(18) Der Senat hält hieran nicht mehr fest.

Heisst: Diese Grundlage ist nicht mehr gültig. Die komplette bisherige (binäre oder andere) Grundlage. Damit entfällt die bisherige Erlaubnis. Die Erklärung folgt:

Der Rechtsprechung des Senats zu Operationen an gesunden Organen ausschließlich zur Angleichung an das weibliche oder das männliche Geschlecht (vgl RdNr 16) steht einerseits die neuere Rechtsprechung des BVerfG zum Personenstandsrecht entgegen.
Danach ist auch die geschlechtliche Identität von Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen, vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art 2) sowie dem Diskriminierungsverbot (Art 3) geschützt.

Erstens: Jede GBA-Regelung muss wg Grundgesetz und Dritte Option etc auch nichtbinäre Personen berücksichtigen, sonst wäre sie ziemlich sicher verfassungswidrig.

Andererseits spricht viel dafür, dass die bislang angenommene Beschränkung auf zwei biologische Geschlechter im binären System nicht mehr dem gegenwärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand entspricht.
Dies legt jedenfalls die aktuelle S3-Leitlinie … nahe (im Folgenden S3-Leitlinie).
Die S3-Leitlinie richtet sich ausdrücklich gleichermaßen an die medizinische Versorgung von Personen mit einer weiblichen, männlichen oder non-binären Geschlechtsidentität und verweist auf die im Mai 2013 veröffentlichte 5. Fassung des Diagnostischen und Statistischen Manuals Psychischer Störungen (DSM-5), die neben dem traditionellen Begriff des „Gegengeschlechts“ weitere Geschlechtsformen („alternative gender“) in die Diagnostik einer Geschlechtsdysphorie einschließt (S3-Leitlinie S 6, 10).
Die S3-Leitlinie geht davon aus, dass eine Transidentität bzw Geschlechtsinkongruenz, bei der das eigene Geschlechtsempfinden nachhaltig in Widerspruch zu dem nach den Geschlechtsmerkmalen zugeordneten Geschlecht steht, an sich keine „Krankheit“ in Form eines behandlungsbedürftigen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustandes darstellt. Sie sieht für die Bestimmung des Umfangs der erforderlichen Behandlung aber den durch die Geschlechtsinkongruenz begründeten, klinisch-relevanten Leidensdruck als maßgeblich an.

Zweitens: Die S3-LL, der Goldstandard des aktuellen Konsens der med. Fachgesellschaften, wie trans Personen behandelt werden sollten, funktioniert vollkommen anders als das vorherige Modell (Krankheit, binär angleichen, fertig).

(20) 2. Bei der Diagnose und Behandlung eines durch Geschlechtsinkongruenz verursachten Leidensdrucks handelt es sich um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode, die dem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt nach § 135 SGB V unterfällt.

Dieses neue Modell von Geschlechtsdysphorie (vs (altem) ‚Transsexualismus‘) muss, weil anders, vom GBA genehmigt werden, damit die Kassen es bezahlen dürfen.

Das wird dann in Nummern 21-27 erklärt, läuft auf meinen obigen Tenor hinaus.

Hier die Beschereibung des methodisch neuen Kerns:

(28) Der Senat geht dabei davon aus, dass die ärztliche Praxis sich an dem in der aktuellen S3-Leitlinie zusammengetragenen wissenschaftlichen Erkenntnisstand orientiert, der einem theoretischwissenschaftlichen Konzept folgt, das die systematische Anwendung bestimmter auf den Patienten einwirkender Prozessschritte (Wirkprinzip) zur Erreichung eines diagnostischen oder therapeutischen Ziels in einer spezifischen Indikation (Anwendungsgebiet) wissenschaftlich nachvollziehbar erklärt.
Aufgrund der aufgezeigten geänderten rechtlichen Rahmenbedingungen und der neueren medizinischen Bewertungen, wie sie insbesondere in der S3-Leitlinie beschrieben sind, kann die Behandlung nicht mehr ausschließlich an normativ vorgegebenen Phänotypen (männlich/weiblich) ausgerichtet werden.
Die bisherige BSG-Rechtsprechung zu sog Transsexuellen basierte aber auf den klar abgrenzbaren Phänotypen des weiblichen und männlichen Geschlechts – anknüpfend an die darauf basierenden gesetzlichen Regelungen im TSG und in §116b SGB V zur ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung.
Die jeweilige Behandlung (Frau-zu-Mann-Transformation und Mann-zu-Frau-Transformation) war damit der Bewertung anhand eines objektiven Maßstabs zugänglich.

Zu beachten: Die Entscheidungen von Fachärztys / Gutachtenden sollen „objektiv“ nachprüfbar sein. Schwierig. Wie lässt sich Dysphorie messen?

(29) Die Diagnostik und Behandlung von durch Geschlechtsinkongruenzen jedweder Art verursachtem Leidensdruck stellen deshalb zwangsläufig auch eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode dar.

Peng. Deren Ansicht. Und weiter:

Die aktuelle wissenschaftliche Bewertung, wie sie insbesondere in der S3-Leitlinie referiert wird, bezieht die Vielfalt aller – auch non-binärer – Geschlechtsidentitäten ein, ohne dass auf einen normativ vorgegebenen Phänotyp, der mit der Behandlung angestrebt werden soll, zurückgegriffen werden könnte. Stattdessen müssen sowohl die Geschlechtsinkongruenz individuell festgestellt, als auch das darauf aufbauende Behandlungskonzept und das jeweilige Behandlungsziel unter Berücksichtigung des bestehenden Leidensdrucks (siehe oben Rd-Nr 18) individuell festgelegt werden.

[Beschreibung des partizipativen Ansatz und Konzentration auf einzelnen Leidensdruck]

Dies beschreibt ein Konzept, das Patient und Arzt nicht nur gleichberechtigt in die Diagnosestellung und Behandlung einbindet, sondern darüber hinaus der behandlungsbedürftigen Person eine Schlüsselrolle dahingehend zuweist, dass diese in Ermangelung objektiver Kriterien zwingend zunächst selbst die Feststellung der Inkongruenz vorzunehmen hat. Schon deswegen weicht das Konzept methodisch von anderen Behandlungsverfahren ab. Die Kriterien für die medizinische Notwendigkeit einer geschlechtsangleichenden Operation sind danach nicht nach objektiven – einem Sachverständigengutachten zugänglichen – Maßstab vorgegeben. Vielmehr wird Behandler und Patient ein gemeinsamer Entscheidungsspielraum zugestanden.

Heisst: Die S3-LL ist schuld, dass es keine Orientierung an binären Norm-Ziel-Körperlichkeiten mehr gibt, bzw dies nicht mehr als med. adäquat angesehen wird.

(32) … Der therapeutische Prozess zur Entwicklung des gewünschten Behandlungsziels ist den Einzelmaßnahmen (zB Hormonbehandlung, Epilation, Logopädie, Phonochirurgie, Adamsapfelkorrektur, Perücken und andere Hilfsmittel, Genitaloperationen oder eben Brustoperationen) konzeptionell vorgeschaltet. Zentraler Ausgangspunkt ist das Behandlungskonzept als Ganzes, aus dem sich die Indikation für einzelne Maßnahmen ableitet. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die chirurgische Umsetzung der im Hinblick auf das Behandlungsziel geplanten Eingriffe für sich betrachtet (hier: die isoliert betrachtete Mastektomie) bereits dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht.

(33) c) Eine danach erforderliche Richtlinie des GBA nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 5 SGB V liegt (bislang) nicht vor, so dass die Beklagte die hier streitige Leistung für die klagende Person nicht erbringen durfte.

Heisst: Die einzelne Maßnahme (hier Mastektomie, dort vielleicht eine GaOP) ist unerheblich, auch ob bereits binäre Transitionen so durchgeführt wurden. Der med. Standard bzw. auch die Praxis der Ärztys hat sich geändert (die müssen sich nämlich dran halten) und für diese reale praktizierte Medizin (Therapiekonzept) gibt es aktuell keine Richtlinie aka Erlaubnis des GBA.

Das ist leider alles durchaus schlüssig, solange eins davon ausgeht, dass die Fachärztys bei der Diagnose und Indikation tatsächlich anders agieren als vor der S3-LL.

Nebenaspekt: Es wird angesprochen, dass die Fachärztys ggf zu viel Entscheidungsmacht haben, bzw sogar die Patientys, wegen der Partizipation und die Kassen, bzw MDK keine „objektive“ Kontrollmöglichkeiten haben. Wenn Ziel nicht mehr ein binärer Minimal-Normkörper ist, sondern immer (auch binär) methodisch die nicht wirklich ertestbare Dysphorie, kann keinein sagen, ob eine Person „wirklich trans“ ist. Spoiler: Das konnte noch nie objektiv festgestellt werden…

Dass aktuell wirklich keine Erlaubnis des GBA für die gesamte Praxis nach S3-LL besteht, binär und nichtbinär, steht explizit im Urteil:

(39) 4. Der Senat verkennt nicht, dass nach den Grundsätzen dieser Entscheidung auch die auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des Senats mögliche Behandlung von Transsexuellen zur Annäherung an das andere Geschlecht dem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt des § 135 Abs 1 SGB V unterfällt.

Obwohl höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, kann es der aus Art 20 Abs 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes allerdings gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen.

Insoweit liegt es nahe, dass die KKn für bereits begonnene Behandlungen von Transsexuellen aus Gründen des Vertrauensschutzes die Kosten wie bisher weiterhin zu übernehmen haben.

D.h. nur bereits bewilligte Behandlungen dürften ausnahmsweise zu Ende geführt werden, obwohl sie eigentlich seit 2019 „illegale“ Methoden bezahlen.

Ende der Urteils-Analyse. wie gesagt: Ich bin kein Juristy. Lest selbst nach.

Das wird jetzt verdammt spannend…

Selbstbestimmungsgesetz. Will ich das?

Update: Antworten werden unten angehängt und kommentiert

Auf Twitter äusserte ich die Hoffnung, dass das Selbstbestimmungsgesetz in 2022 endlich Realität wird und bekam darauf folgende DM:

Ein Hoch darauf, dass Frauen dann keine Schutzräume mehr haben, in ihrem Recht auf Versammlungsfreiheit eingeschränkt werden und der Frauensport zerstört wird? Dass Statistiken in Wissenschaft, Medizin und Kriminalität verfälscht werden? Sicher, dass du das willst?

Meine Antwort

Die Bedenken kenne ich und kann ich nachvollziehen bei jenen, die wenig praktische Erfahrungen mit trans Personen haben (bzw sie als trans Personen (er)kennen). Die Erfahrungen aus Ländern mit einem solchen Selbstbestimmungsgesetz zeigen aber, dass die Befürchtungen in der Praxis unbegründet sind. Also zum Beispiel Dänemark, Schweden, Malta, Irland, Island, Uruguay, Argentinien.

tl;dr ein geänderter Personenstand nützt dir nix, um irgendwo einzudringen oder Unfug zu machen. Brauchst du schlicht nicht, macht höchstens tierisch Aufwand und reichlich Folgeprobleme. Die einzigen Vorteile sind richtiger Name und Anrede und dadurch ein gutes Gefühl (für trans Personen).

Mal im Detail:

Zu allererst ist wichtig, was ein Selbstbestimmungsgesetz, wie 2020 von Grünen und FDP jeweils vorgeschlagen, eigentlich regelt und was nicht: Den standesamtlichen Geschlechtseintrag im Personenstand und optional die Vornamen. Sonst nichts. Keine Privilegien, keine rechtlichen Vorteile, keine Eintrittskarte irgendwo.

In Schutzräumen gilt wie überall Hausrecht, und diejenigen, die es ausüben haben eh schon Erfahrung damit, mit Personen unterschiedlicher Vulnerabilität umzugehen und die verschiedenen Bedürfnisse auszugleichen. Ich kenne trans Personen im betreuten Wohnen, wo das mit etwas gutem Willen gut funktioniert hat, aber auch Personen, die im Krankenhaus mit dem Bett auf dem Gang standen, weil es kein „passendes“ Zimmer gab. Das ist also eher eine Frage der Ausbildung und Möglichkeiten des Personals dort.

Dass es generell zu wenig Schutzräume gibt ist völlig klar. Die Betroffenen gegeneinander auszuspielen, bzw die einen einfach untern Bus zu werfen, ist aber keine Lösung.

Bei privaten Versammlungen, Veranstaltungen und Orten wie Frauencafés etc gilt ebenso Hausrecht, wie in jedem Club, jedem Lokal und jedem Verein. Ob du da mit einem anderen Namen im Ausweis auftauchst ändert in der Praxis nichts daran, ob du rein kommst und drinnen bleiben darfst[1].

Ganz realistisch wird kein Gewalttäter das Selbstbestimmungsgesetz in Anspruch nehmen, um in Frauenräume einzudringen. Es lohnt einfach den Aufwand nicht, benötigt viel zu viel Vorarbeit und Folgekosten, um zum Beispiel erstmal Papiere auf einen neuen Namen zu ändern, etc., um dann in der Praxis keinen messbaren Effekt zu haben.

Der offizielle Personenstandseintrag ist im täglichen Leben quasi ohne Belang. Ich sage das als nicht-binäre trans Person mit dem Eintrag „divers“ seit 2019. Ich muss überall darauf hinweisen und habe ausser der Geburtsurkunde keinerlei Nachweis (steht ja nicht im Perso oder so). In der Praxis werde ich in jedem Fall optisch einsortiert und entsprechend unterschiedlich akzeptiert und behandelt. Das wäre mit jedem anderen eingetragenen Personenstand genau das gleiche. Du kannst als trans Person höchstens beschweren, klagen, was weiss ich, aber wenn die Leute nicht wollen, hast du keine Handhabe.

Das heisst, wer in böser Absicht irgendwo eindringen will, braucht keinen neuen Personenstandseintrag, sondern eher optisches Passing und passende Manierismen, Stimme, usw. Das erfordert den immensen Aufwand einer körperlichen Transition. Ich sage dir aus eigener Erfahrung: Das macht kein Mensch „mal eben so“. Wer es auf Gewalt gegen Frauen anlegt, hat dazu – leider – massiv viele andere Gelegenheiten mit minimalem Aufwand (und ohne sich amtlich als Frau eintragen zu lassen; hallo Männlichkeitsbild).

Dieses männliche Selbstbild verhindert auch, dass sich Männer über geänderten Personenstand anderswo Vorteile verschaffen. So mies es klingt, es hängt an der immer noch in den Köpfen existierenden Hierarchie: Männer oben, Frauen darunter – und nicht-binäre Personen generell ausgeblendet. Also welcher cis-männliche Sportler würde sich per Selbstbestimmungsgesetz einen weiblichen Personenstand holen, um dann Preise abzuräumen, nur um dann den Spott seiner männlichen Kollegen zu riskieren, dass „es wohl bei den Männern nicht gereicht hat“? Welcher cis-Mann würde sich einen Posten per „Frauenquote“ holen und dann in der Firma/Amt arbeiten? Machen wir uns nichts vor: Diese hierarchische Denke steckt letztlich dahinter und der soziale Druck regelt.

Statistiken… sind eh problematisch, weil sie in der Regel cis-binär gebaut werden und nicht klar ist, nach was genau sie eigentlich differenzieren wollen. Chromosomen? Körperliche Erscheinung? Amtlicher Personenstand? Selbstverortung? Und zu welchem Mehrwert an Erkenntnis?

Die Frage ist zum Beispiel bei Kriminalstatistiken, welche Taten überhaupt einen Bezug zu bestimmten geschlechtlichen Aspekten haben. Wo ist welches Merkmal entscheidend für Opfer und Täter•innen?

In der Medizin muss eh noch mal anders gearbeitet werden, nämlich nicht pauschal, sondern anhand der für den Fall relevanten Parameter. Geht es um Chromosomen, Organe, Hormone? Ich hab zB das Thema mit der Gesundheitskarte. Da steht ein X für meinen standesamtlichen Personenstand drauf und die Kasse geht nach diesem, nicht nach meinen körperlichen Bedürfnissen. Folge: Ich bekomme keine automatischen Vorsorgeuntersuchungen, obwohl ich eigentlich mehr und andere als früher brauche. Auch wo mein Körper nach der Hormonumstellung jetzt eigentlich anderes tickt ist eine ständig offene Frage[2].

Letztlich ist aber der Fehlerfaktor in Statistiken durch Menschen mit geändertem Personenstand gegenüber der normalen Unschärfe und Fehlern vernachlässigbar, dass wird jede•r Expert•in bestätigen. Sprich: Trans Personen fallen mangels Menge statistisch einfach nicht ins Gewicht[3].

Aktuelle Studien zur Häufigkeit[4] gehen in Richtung 1-3% Menschen, die im weitesten Sinne mit ihrem Zuweisungsgeschlecht Probleme haben. Ein Drittel davon ordnet sich nicht-binär ein. Es ist völlig offen, wie viele davon ihren Eintrag ändern lassen würden, wenn das in D nicht mehr 1500-2000€ kostet und zwei ziemlich invasive, Intimsphäre verletzende Gutachten braucht, die nachweislich gar nichts feststellen können, ausser vielleicht die Fähigkeit, Stereotypen „vortanzen“ zu können.

Fazit: Die Befürchtungen verstehe ich, aber sie sind nach den Erfahrungen aus anderen Ländern unbegründet und eventuelles Missbrauchspotenzial in der Praxis gleich Null. Es gibt potenziellen Missetätern einfach keine Vorteile sondern eher Aufwand und Nachteile. Stattdessen können sie sehr viele andere Gelegenheiten nutzen. Schutzbereiche können mit bereits etablierten Methoden gesichert werden. Und der statistische Faktor fällt in der Masse einfach nicht ins Gewicht.


[1] Tatsächlich haben sehr viele trans Personen erhebliche Ängste, in gegenderte Räume zu gehen. Aslo in Toiletten, Umkleiden, usw.

[2] Ein Arzt meinte, ich hätte Eisenmangel, dabei hatte er nur in die falsche Referenztabelle geguckt. Bei der Covid-Schutzimpfung war unklar, in welche Risiko-Kategorie ich falle. Wären meine Symptome für Herzinfarkt eher typisch männlich oder typisch weiblich?

[3] Die Betreuung von trans Personen leidet massiv unter einem Mangel an qualitativ guten Studien, einfach weil nirgendwo eine solide Anzahl von Teilnehmenden zustande kommt. Hormonumstellung ist guess work, usw

[4] s. die [S3-Leitlinie](https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/138-001.html) „Geschlechtsinkongruenz, Geschlechtsdysphorie und Trans-Gesundheit“


Gegenargumente, die keine sind

Es gab eine Antwort mit einigen Punkten, wo offenbar einiges missverstanden worden war. Hier die Argumente in Zitaten und meine Antworten dazu.

Das Hausrecht soll nirgends mehr gelten. Jeder wird wg. des geplanten Gesetzes mit  einem Bußgeld belegt, wenn er jemanden aufgrund des Geschlechts nicht reinlässt: Frauen-vereine, -stammtische, -umkleiden,  WCs, -quote, Arbeitsplätze etc.

Dazu der Verweis auf die Passagen Ordnungswidrigkeiten der Gesetzentwürfe von FDP und Grünen. Großes Missverständnis. Hier die beiden Wortlaute:

Gesetzentwurf der FDP
Gesetzentwurf der Grünen

Die Ordnungswidrigkeiten beziehen sich ausschliesslich darauf, dass die früheren Namen und Personenstände nicht ohne Zustimmung genannt, also „offenbart“ werden dürfen. Das heisst misgendern, „hiess früher mal soundso“, „war mal …“, etc. könnten dann auf Anzeige mit einem Bussgeld belegt werden. Damit haben Personen eine Handhabe gegen Behörden, Firmen und andere, die sie outen.

Falsch ist außerdem Deine Behauptung, man müsse Hormone und/oder Chirurgie anwenden. Du kannst mit Vollbart, mit Penis und Hoden, ohne irgemdetwas an Dir modifiziert zu haben, zum Standesamt gehen und dein Geschlecht ‚ändern‘. Wegen des Bußgeldes von bis zu 2.500 Euro riskiert niemand mehr eine Nachfrage, was übersetzt bedeutet: Jeder, absolut jeder Mann, kann ungehindert in Schutzbereiche für Frauen. Kann man sehr schön im Ausland sehen, dort geschieht genau das.

Das mit Hormonen habe ich vielleicht etwas missverständlich ausgedrückt. Nein, für die Personenstandsänderung braucht es auch jetzt schon keine körperlichen Modifikationen. Das hat das BVerfG 2011 aus dem TSG ausgeschlossen (BVerfGE v. 11.1.2011 I 224 – 1 BvR 3295/07).

Allerdings ging es da nur um die Zwangs-Sterilisation für eine Personenstandsänderung. Auch nach TSG brauchte es (bis 2011) keine Hormone, sondern „nur“ eine Genital-OP, um zeugungs- bzw gebärunfähig zu sein.

Grund dafür: Das TSG von 1981 wollte damit und mit der Zwangsscheidung um jeden Preis verhindern, dass trans Personen „durch die Hintertür“ eine gleichgeschlechtliche Ehe womöglich mit Kindern haben können. Das hat sich seit der „Ehe für (fast) alle“ 2017 eh erledigt.

Was ich mit der Passage meinte: Um sich als cis Mann o.ä irgendwo einzuschleichen, braucht es keinen Personenstand sondern viel eher physische Verkleidung – und das dürfte schnell auffliegen.

Ein Grüner hat den Grünen bei einem Parteitag vorgeführt, wie der Sprechakt in der Realität funktioniert. Es haben Zeitungen darüber berichtet.

Ja. Hat er. Er hat sich als Frau bezeichnet und mit dieser Begründung auf einen (quotierten) Frauenplatz setzen lassen. In der „Emma“ hat er dazu einen Artikel geschrieben.

Er wurde nicht gewählt. Kurz danach wurde er aus seiner Stellung als Mitarbeiter einer grünen Landtagsabgeordneten gekündigt.

Das Beispiel zeigt eigentlich genau, was ich meine: In der Realität regelt sich das sehr pragmatisch, bzw wie der eine Kommentar sagt: „Aber das Wahlergebnis habe gezeigt, meint sie, dass die Partei gute Schutzmechanismen habe und nicht einfach irgendwelche Männer gewählt würden“.

Natürlich war die Aktion „Scheisse“. Weil sie ein fiktives Problem deklariert, aber ein reales ausblendet, nämlich wie in der Realität mit trans Personen umgegangen wird: Ein geänderter Personenstand nützt dir in der Praxis gar nichts. Weder um irgendwo rein zu kommen, noch um irgendwo gewählt zu werden – und auch nicht, um als reale trans Person respektvoll behandelt zu werden.

Das Kosten-Pseudo-Argument für trans Therapien

In einem anderen Forum wurden mal wieder „die Kosten für die Solidargemeinschaft“ aka Krankenkassen-Leistungen angesprochen und Leistungen wie Stimmband-OPs oder Gesichtsfeminisierungen als quasi überflüssig dargestellt.

Dieses – in meinen Augen – Pseudo-Argument der Kosten für die Solidargemeinschaft finde ich immer wieder putzig, aber auch erschreckend. Putzig, weil offenbar die Relation der Kosten für geschlechtsangleichende Maßnahmen im Gesamtbudget des Kassensystems nicht klar sind. Erschreckend, weil die Sprache und Denke, neudeutsch: Narrativ, framing, priming, von rein wirtschaftlich/“liberal“ ausgerichteten Interessengruppen reproduziert wird, die auf jeden Fall garantiert nicht solidarisch interessiert sind, sondern aktiv ausgerechnet bestimmte Leistungen verknappen, die tatsächlichen Verhältnisse jedoch verschweigen.

Mal zu den konkreten Zahlen. In D gibt es jährlich ~2000 GaOPs (2018: 1800). Das sind kostenmässig die größten Klopper, right? Kosten pro Fall um 20.000€. Geben wir mal pro Fall noch 5.000€ für Epilation bei trans Frauen drauf. Dazu kommen jene, die es bei einer Orchiektomie belassen bzw. Mastektomie bei trans Männern, was unter 10.000€ kostet (Kostenvoranschlag der UK Essen für Orchiektomie: 9.500€ als Privatzahly inkl. 6 Tage Aufenthalt).

Also übern dicken Daumen gerechnet könnten wir 25.000€ pro Fall annehmen[1] und – ach, was solls – lass mal 3000 Fälle rechnen. Macht in Summe 75 Millionen Euro pro Jahr. Ui! Was für Zahlen. Oder?

Nein. Im Vergleich der Ausgaben der Kassen – mal nur die gesetzlichen betrachtet – findet sich so ein Betrag gar nicht wieder (Quelle: https://www.gkv-spitzenverband.de/media/grafiken/gkv_kennzahlen/kennzahlen_gkv_2021_q1/20210706_GKV_Kennzahlen_Booklet_Q1-2021_300dpi_barrierefrei.pdf):

Ausgaben der GKV 2020 in Mrd. Euro

75 Mio€ sind im Gesamtbudget der gesetzlichen Kassen (239 Mia€) gerade mal 0,031%. Alle Angleichungen zusammen inkl Epilation und allen Schnickschnack machen nur 2,2% der Ausgaben für Zahnersatz aus. Oder 5% der Ausgaben für Schwangerschaften/Mutterschaft (ohne stationäre Entbindungen…). Und dafür wird ein immenser bürokratischer Minimierungsaufwand mit Gutachten, Prüfungen, Bescheiden, Widersprüchen, Anwätys usw getrieben – also Kosten in Form von Geld und Nerven verursacht.

OK, aber die anderen 239 Mia€ sind ja alles notwendige Ausgaben, oder? Kommt drauf an. Zum Beispiel auf die Ursachen. Ich nehm mal eine heraus, die willkürlich und vermeidbar ist: Rauchen.

Eine rauchende Person verursacht im statistischen Mittel der Solidargemeinschaft via GKV viel höhere Kosten:

Insgesamt kostet ein lebenslanger Raucher (ab dem Alter von 15 Jahren) die GKV bis zu seinem Tod 90.483 Euro, eine lebenslange Raucherin kostet 529.481 Euro. Der Unterschied zwischen den Geschlechtern ist darauf zurückzuführen, dass Frauen in Deutschland nach wie vor weniger verdienen und ihre Erwerbstätigkeitsquote – und damit die Beitragszahlung zur GKV – deutlich niedriger ist als bei Männern.

https://www.dkfz.de/de/tabakkontrolle/download/Publikationen/AdWfP/AdWfP_Die_Kosten_des_Rauchens_in_Deutschland.pdf
(gleiche Quelle)

In Summe jährlich 25 Milliarden direkte Kosten. Jährlich! Das wären eine Million komplette Trans-Angleichungen! Pro Jahr!

Diese Kosten stecken zum großen Teil in den 239 Milliarden GKV Budget. Mit anderen Worten: Irgendwas bei 25% der Kassenausgaben gehen in genau ein freiwilliges, vermeidbares, sich selbst und „die Solidargemeinschaft“ schädigendes Verhalten. Ich spare mir die Rechnungen für ähnliche Bereiche wie Alkohol, Fehlernährung, Bewegungsmangel, Extremsportarten, risikoreiches Verhalten.

Das heisst: „Die Solidargemeinschaft“ trägt eine Menge Folgekosten für persönliche Freiheit und auch krass dummen, risikoreichen Lebensstil.

Und ich bin der Meinung, dass das vollkommen in Ordnung ist! Diese Möglichkeit der persönlichen Freiheit ist sogar Staatsziel.

Von daher lasse ich Kostenargumente gegen freizügigere Bezahlung von Angleichungen nicht gelten. Bei unbedarften Privatpersonen kann ich wohlwollend von Unwissenheit bzgl der Zahlenverhältnisse ausgehen. Anders sieht es aus, wenn ihnen die Zahlen bekannt sind. Dann ist es entweder Ignoranz („mir doch egal wie es dir geht“), Neid („da kriegt wer mehr als ich“) oder schlicht Transfeindlichkeit.

Interessengruppen und professionellen Meinungsmenschen, Politikys und Funktionsträgys kann Unwissenheit nicht zugute gehalten werden, wenn sie sich zum Thema äussern. Das gebietet schon die Redlichkeit im offiziellen Diskurs. Ziemlich sicher stecken da andere Interessen hinter. Das sind zum einen wirtschaftliche – mehr Gewinne für Aktionärys – oder eben wieder trans- und queerfeindliche Ansichten, die mit „Kosten für die Solidargemeinschaft“ verdeckt und zur Stimmungsmache genutzt werden sollen.

[Disclaimer: Ich habe 28 Jahre als Arbeitnehmy in die GKV eingezahlt und seit 2016 Jahren als Freiberufly. In Summe mehr als 150.000€. Trotzdem habe ich dank des binär augerichteten Systems meine Transition mit bisher ca 20.000€ selbst bezahlt. Die Alternative wäre gewesen, mir jahrelange Auseinandersetzungen mit Kassen und MDK und Gutachtys zu liefern, weil nicht-binäre Transition bisher in keinen Regularien vorkommt. Ich hätte es einzeln mit Gutachten usw. einklagen müssen. Glücklicherweise hatte ich die privaten Ressourcen. Ich neide anderen nichts, was sie von Kassen gezahlt bekommen, denn ich weiss, dass das Geld da wäre.]


[1] nicht gerechnet die eingesparten Kosten für Langzeitfolgen, die durch den Leidensdruck durch eine nicht erfolgte Transition entsteht, zum Beispiel Sucht, psychische Erkrankungen, etc.

Eine kleine Liste von Regeln und Hürden für binäre und nicht-binäre trans Personen

Meint: Was trans Personen so an Aufwänden und Widerständen zu bewältigen haben, um einfach nur gemäß der „freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit“ nach zu leben. Siehe auch „WelchePrivilegien„.

Entstanden, nachdem eine cis Person sehr verwundert über das Blutspendeverbot für trans (und andere) war. Weitere Beispiele werden gerne genommen.

Für Personenstand, geänderte Vornamen, Papier, etc:

  • (Alt, abgelöst durch SBGG ab November 2024) Neuer Personenstand und Vorname nur per Gerichtsbeschluss, mit zwei gerichtlich bestellten psychologischen Gutachten (Kosten: 1500-2000€).
    Dabei ist unter Fachleuten Konsens, dass eine Geschlechtsidentität nicht wirklich getestet oder begutachtet werden kann. Viele Gutachtys „testen“ deshalb eher auf Klischeetreue, sprich: Dass die Person wie eine Klisscheefrau bzw Klischeemann dort aufläuft und die passende Rolle „vortanzt“, inklusive „passender“ Kindheit.
    Bei nicht-binären gibt es quasi nichts zu begutachten. Wie soll ein Mensch „beweisen“, weder als Mann, noch als Frau zugeordnet werden zu wollen, bzw dass die Zuschreibungen und Klischees psychischen Druck verursachen?
    Deshalb sind auch kaum Therapeutys oder Gutachtys dafür zu finden und ihre Qualität sehr dürftig.
    Die Möglichkeit, als nicht-binäre trans Person den Personenstand „divers“ oder „Streichung“ per TSG zu erlangen, ist deshalb bisher eher theoretisch.
    Auch wenn der BGH dies eigentlich durch ein Urteil in 2020 eröffnet hat.
  • Alle Kosten und Aufwände für die Änderungen von Konten, Verträgen, Versicherungen, Autos, Führerscheine, Pässe und Ausweise, Zeugnisse. Eigene Grundbucheinträge ändern ist… diffizil.
  • Beim Wechsel weg von und nach „männlich“ wird eine neue Rentenversicherungsnummer fällig. Darin ist nämlich der amtliche Gendermarker kodiert.
    Übrigens nach dem Schema „50% für männlich, der Rest für .. den Rest“ (also inkl „divers“ und „ohne Eintrag“)
  • Name und Anrede bei Firmen, etc. ändern geht auch in unsinnigen Fällen häufig erst mit neuer Geburtsurkunde. Selbst bei Ärztys für die Transition.
  • Eigentlich dürfen die alten Namen nach Gerichtsbeschluss nicht offenbart werden. Da das Verbot aber nicht strafbewehrt ist, muss im Zweifelsfall zivil auf Schadenersatz / Schmerzensgeld geklagt werden.
  • Bei der Eheurkunde kann das Standesamt die Änderung einfach ablehnen
  • Elternschaft bei Paaren mit trans Personen: Absolutes rechtliches Nebelgebiet.
  • Gebärende trans Männer werden als Mütter eingetragen. usw.
  • Peronen mit „divers“ können möglicherweise amtlich keine Eltern werden.
  • Bei Elternschaft innerhalb x Monaten nach Personenstandsänderung kann der Wechsel u.U. zwangsweise rückabgewickelt werden.

    Nicht vergessen: Das TSG („Transsexuellengesetz“) von 1981 war vor allem als Gesetz zur Verhinderung von Ehen (und Kindern) ausserhalb der cis-hetero-binären Norm gemacht.
    Immerhin konnten Zwangssterilisation und Zwangsscheidung über das Verfassungsgericht aus dem Gesetzt rausgeklagt werden.
    Die Gutachtenpflicht ist die letzte wackelige Säule.
  • Blutspende ist verboten. Trans Personen gelten pauschal als promisk, Sex-Risikogruppe und_oder Sexworker…
  • Jetzt ggf Zwangsouting bei den Corona Impfnachweisen, weil nur mit – u.U. gar nicht mehr stimmigem – Ausweis gültig
  • Bestimmte Jobs sind nicht mehr zugänglich.
    Bis vor kurzem z.B. Polizei und Zoll: Männliche Personen mussten Hoden vorweisen können, um eingestellt zu werden, was transmännliche und bestimmte inter Personen ausschliesst.
  • Verbeamtung und „sicherheitsrelevante“ Jobs sind u.U gesperrt, weil eine trans Person ja (Zwangs)Psychotherapie hatte.
  • Schutzräume für Frauen sind auch gerne trans-abweisend.

Für körperliche Angleichungsmassnahmen:

  • Zwangstherapie. Erst mal 12 Sitzungen Psychotherapie und zwar am Stück von kassenmässig anerkannter Fachperson, bevor die Krankenkasse auch nur irgendwas bewilligt (s. BGA des MDS). Therapieplätze sind kaum zu kriegen, viele trans Personen brauchen keine und belegen damit Ressourcen.
  • Für viele OPs wollen die Kassen bis zu 18 Monate Therapie für die Bewilligung nachgewiesen haben. Wie gesagt: Am Stück. Therapeuty wechseln o.ä. macht häufig Probleme
  • Nur wenige Therapeutys sind real für trans qualifiziert. Es gibt keine formale Qualifikation, was gut und schlecht zugleich ist.
  • Psychologische Indikationen notwendig für alles und zwar einzeln: Hormontherapie, Epilation, genitale Angleichungen, Brust-Aufbau bzw Mastektomie, Logopädie, Hysterektomie, usw.
  • Alltagstest. Eigentlich abgeschafft, aber einige Therapeutys wollen den immer noch.
    D.h. 6-12 Monate „100% im Geschlecht leben“ – bevor irgendwelche Massnahmen bewilligt werden, bzw Zwangstherapeuty die Indikation ausstellt.
    Im Klartext: Coming out von jetzt auf gleich, in Job, Familie, Umfeld, inklusive Kleidung etc., ohne zB Epilation oder Hilfsmittel wie Binder bezahlt zu bekommen.
  • Für nicht-binäre zahlen Kassen erst mal nix, gemäss ihrer sich selbst gegebenen Richtlinien (BGA des MDS). D.h. es wird pauschal abgelehnt und muss dann einzeln mit Gutachten eingeklagt werden.
  • Vorsorgeuntersuchungen. Krankenkassen gehen idR nach eingetragenem Gendermarker. Aber einige Menschen haben Brüste und Prostata und_oder Penis und_oder Hoden.
    Automatisch benachrichtigt wird normalerweise auch nicht.
  • Die meisten Ärtzys kenenn sich mit trans Anatomie nicht aus, was zu Fehlbehandlungen und Schmerzen führen kann.

Mindestens während der Transition und für nicht-binäre quasi immer:

  • In öffentlichen, gegenderten Räumen angegriffen oder rausgeworfen werden: Toiletten, Umkleiden, Läden, Schwimmbäder, Saunen, …
  • Falsche Zuordnung oder Abweisung in Kliniken, bei Polizei und Sicherheitskontrollen.
  • Aus Sportvereinen rausfliegen und nirgendwo aufgenommen werden
  • Nicht wenige werden nach Start der Transition unter fadenscheinigen Gründen im Job gekündigt

Wer das Kassensystem umgehen will oder muss (nicht-binär), also selbst zahlen:

  • Hormon-Umstellung, lebenslang, ca. 500+€/Jahr
  • Epilation (Gesicht, Körper): 5000-25000€, je nach Behaarung und Haarart/farbe
  • Personenstand / Vornamen: s.o., ca. 2000€
  • Genital-OPs je nach Art und Umfang: 10000-25000€.
    Tw. mehrere Teil-OPs nötig
  • Brust-OPs je nachdem (Aufbau, Entfernung): 10000-15000€
  • Auch bei selbstgezahlten OPs und Hormon-Umstellungen wollen die Ärztys idR psychologische Indikationen, die irgendwie realisiert und bezahlt werden müssen
  • zu anderen Angleichungsmassnahmen habe ich keine Zahlen, also zB Logopädie, Gesichtsform, Stimmbänder, Adamsapfel, usw.

So viel zu „die machen das aus Jux und Tollerei / wegen der Aufmerksamkeit“ usw.

(Danke an die Menschen von TG Deutschland Discord und Fetlife für ihre Beiträge)

(c) CC0 – d.h. gerne nehmen und weiterverwenden.

Links zu HET

HET heisst Hormonersatztherapie. Im trans Kontext bedeutet das, die körpereigenen Sexualhormone durch „die anderen“ zu ersetzen. Meine persönlichen Erfahrungen beziehen sich auf „Estradiol-Monotherapie“. D.h. ausschliesslich durch Zufuhr von ausreichend Estradiol die entsprechende Umstellung zu erreichen.

Die folgenden Links finde ich hilfreich und nutze sie häufig, um Dinge nachzuschlagen oder sie anderen weiterzugeben. Die Liste wird bei Bedarf angepasst.

Basisinfos

Wissenschaftliches

DIY, Nerd Science

DIY = „do it yourself“, also selbst organisierte Hormostherapie ist möglich und viele machen es. Es bedeutet aber auch volle Verantwortung für alles, was schief gehen kann, und das ist ne Menge. Deshalb: Use at your own risk.